Immer wieder werde ich mit der Frage konfrontiert: Sind Coaching, Beratung, Therapie dasselbe? Nein, da gibt es einen klaren Unterschied – welchen, erkläre ich dir in meinem Artikel. Überall begegnet uns der Begriff „Coach“: Im Fußball, in der Fitness, in der Hundeerziehung, in der Ernährung, in der Kindererziehung. Es gibt Coachings für Lehrer, für Führungskräfte, für Teams, für Beziehungen, für Trennungen, für die Finanzen, fürs Entrümpeln, Aufräumen, Loslassen, Losgehen, fürs Mindset, die Selbstliebe, die Achtsamkeit usw….. Da kann man leicht den Überblick verlieren.
Was passiert denn eigentlich in einem Coaching (und was nicht)? Wie läuft ein Coaching-Gespräch ab? Was sind die Voraussetzungen für den Erfolg eines Coachings? Auf diese Fragen werde ich in dem folgenden Artikel eingehen.
Da ich selbst eine Frau bin, benutze ich im Folgenden eher die weibliche Form, das die gendergerechte Sprache das Lesen meiner Meinung nach sehr erschwert.
Begriffsdefinition Coaching
Coaching kommt aus dem Englischen und geht auf das Wort coach (zu deutsch: Kutsche) zurück. Eine Kutsche bringt uns von Punkt A nach Punkt B. Bereits seit 1848 benutzte man diesen Begriff für private Tutoren für Studenten, etwas später fand er sich auch im sportlichen Bereich und wurde dafür sowohl in England als auch in den USA gebraucht.
Heutzutage bezeichnet ein Coaching den Weg hin zu einem klar definierten Ziel. Und die Coachin führt ihre(n) Klient*in durch diesen Prozess.
An einem Beispiel erklärt
Ich selbst hing einmal beruflich in der Luft und wusste nicht, ob ich mich in meinem Lehrerberuf auf eine Beförderungsstelle bewerben sollte oder nicht. Da ich das schon mal ohne Erfolg hinter mir hatte, zögerte ich. Denn die Bewerbung auf eine höher dotierte Stelle im Lehramt ist mit einer Examensprüfung vergleichbar (zumindest an meiner damaligen Schule) und bedeutet wochenlangen Aufwand. Auch hat man hinterher noch zusätzliche Aufgaben, für die man verantwortlich ist.
Eine Coachin hat mir bei der Entscheidungsfindung geholfen, indem ich mich das „JA – ich bewerbe mich“ hat fühlen lassen. Ebenso das „Nein – ich bewerbe mich nicht“. Dabei kam eindeutig raus, dass ich es im Grunde meines Herzens NICHT wollte. Gleichzeitig wurde mir mein uralter Glaubenssatz bewusst: Ich bin nur liebenswert, wenn ich erfolgreich bin. Darauf gehe ich an dieser Stelle nicht weiter ein. Wer das weiter nachlesen möchte, kann das hier gerne tun.
Für ein Coaching war damit das Ziel erreicht: Ich wusste, wie ich mich entscheiden würde und konnte dementsprechend alle notwendigen damit verbundenen Schritte unternehmen. Niemand hat mir gesagt, was ich zu tun habe. Die Coachin hat mir keine Ratschläge erteilt, sondern sie hat mich dahin geführt, dass ich selbst die Antwort in mir wusste.
Abgrenzung zu anderen Bereichen
Coaching, Training, Beratung, Therapie? Wie unterscheiden sich diese Begriffe voneinander? Was ist was und wie grenze ich das voneinander ab? Vorab gesagt: Die Übergänge sind oft fließend. Sicherlich gibt es im Coaching auch Trainingsanteile sowie auch Beratung. Doch sollte man die Grenze zur Therapie scharf im Auge behalten, denn hier kommen wir in Bereiche der psychischen Erkrankung und um damit adäquat umzugehen, fehlt dem Coach die entsprechende Ausbildung.
Was unterscheidet Coaching von Therapie?
Während ein Coaching sich vornehmlich mit der Zukunft befasst, führt dich eine Therapie zurück in die Vergangenheit, um sich dort mit Vorfällen (meist in deiner Kindheit) zu befassen, die eventuell ein Trauma in dir ausgelöst haben oder auch zu einer psychischen Erkrankung geführt haben. Ein Therapeut verfügt über eine psychotherapeutische Ausbildung, er kennt sich mit den Formen psychischer Erkrankungen aus und kann entsprechend sensibel darauf eingehen. Eine Therapie hat immer eine Heilung zum Ziel und eine solche Behandlung wird in der Regel von den Krankenkassen übernommen.
Eine Coachin hingegen klärt als erstes deine aktuelle Situation. Wo gibt es Handlungsbedarf? Dann richtet sie deinen Blick in die Zukunft: Wie möchtest du leben? Was ist dein Wunschzustand? Diese Fragen sind in einer Therapie eher zweitrangig. Hier geht es hauptsächlich darum, sich mit dem Vergangenen zu beschäftigen und unbewusste Erfahrungen ins Bewusstsein zu holen, um ihnen dadurch ihre Macht auf das aktuelle Leben zu entziehen. Das Problem bekommt in der Therapie die zentrale Rolle, im Coaching aber liegt diese Rolle bei der Lösung des Problems.
Ein wesentlicher Unterschied liegt auch in der Dauer. Während allein schon eine Kurzzeittherapie mit 24 Sitzungen veranschlagt ist, kann – je nach Fragestellung – schon eine einzige Coachingeinheit die Lösung beinhalten.
Sicherlich kann innerhalb eines Coaching-Prozesses eine Situation entstehen, in der sich die Coachee plötzlich mit unbearbeiteten und bisher unbekannten Erlebnissen aus der Kindheit konfrontiert sieht. Hier sollte sich die Coachin ihrer Verantwortung bewusst sein und seine Coachee an einen Therapeuten verweisen.
Am obigen Beispiel erklärt
In einer Therapie geht es um Heilung. Lang zurück liegende Erlebnisse haben noch immer einen Einfluss auf das gegenwärtige Verhalten. Das ist in den meisten Fällen nicht tragisch, oft aber hinderlich. In meinem Beispiel mit der Entscheidung, ob ich mich auf eine Beförderungsstelle bewerbe, würde sich eine Therapie mit den Erlebnissen in meiner Kindheit beschäftigen, die zur Bildung des Glaubenssatzes geführt hat. In einer Therapie würde ich tief in die Vergangenheit eintauchen.
Das war in meinem Fall unnötig. Meine Frage war beantwortet. Und die Entdeckung dieses Glaubenssatzes hat mich befreit. Er hat keine Wunden in mir angerichtet, so dass ein tieferes Eintauchen an dieser Stelle überflüssig war.
Mitunter sind aber die Erfahrungen, die man als Kind gemacht hat, so traumatisch und mit Angst besetzt, dass die inneren Widerstände, sich diesen Erlebnissen noch einmal zu stellen, sehr groß sind. Das ist ein Schutzmechanismus, der durchaus sinnvoll ist, aber im Rahmen einer Heilung durchbrochen werden muss. Das sollte jedoch nur ein erfahrener Therapeut begleiten und steuern.
Beratung oder Coaching?
Im Coaching führt die Coachin die Klientin durch geschickte Fragestellungen zum eigentlichen Kern ihres Problems und lässt sie auf dieselbe Art und Weise Lösungen erkennen. Es geht also nicht darum, dass die Coachin bereits die Lösung kennt. Nein, sie blendet ihr eigenes ICH möglichst aus und lässt sich auf die Gegebenheiten ihres Gegenübers ein.
Allerdings kann es auch beratende Anteile in einem Coaching geben, sofern das vom Coachee gewünscht wird. In einer Beratung geht es um die Vermittlung von Wissen. So kann die Coachin natürlich an bestimmten Fragestellungen auf ihr Fachwissen bzw. ihre Erfahrung zurückgreifen und mit Hilfe dieser, ihrer Klientin mögliche Lösungswege anbieten. Eine Coachin kann Zusammenhänge aufdecken, die die Coachee nicht erkennt, Beispiele aus erfolgreich verlaufenen Coachings benennen, über unterschiedliche Persönlichkeitsstile informieren, die Bedeutung von Werten und Antreibern erläutern usw..
Ist eine Coachin eine Trainerin?
Bei Training denke ich sofort an Sport. Dort ist mir der Begriff „Coach“ als erstes begegnet. Im Training gibt der Trainer das Ziel vor und ebenso die Methode bzw. den Weg, wie dieses Ziel erreicht werden kann. Das entspricht nicht dem gewöhnlichen Vorgehen in einem Coaching.
Zwar kann in einem Coaching Hilfestellung erfolgen, um neue Routinen tatsächlich einzuüben. Sofern die Coachee das wünscht, kann die Coachin gemeinsam mit dem Coachee einen Trainingsplan aufstellen und – genauso wie im Fitnessbereich – durch die Begleitung bei der Umsetzung helfen. Häufig folgt einem Coachingprozess tatsächlich eine Phase des Trainings, in der neue Routinen oder neues Verhalten einstudiert werden. Dies ist umso effektvoller, wenn es durch einen Coach begleitet wird, mit dessen Hilfe evaluiert wird und eventuell auch eine Anpassung der Schritte erfolgt.
In der Regel aber wirkt ein Coaching wie ein Katalysator, um die eigenen Fähigkeiten anzuregen und infolgedessen eigene Lösungen aufzudecken.
Eine Coaching-Session
In der Regel umfasst eine Coaching-Session eine Zeitstunde. Diese kann vor Ort in Präsenz oder auch online via Zoom abgehalten werden. Die Erfahrung zeigt (spätestens seit Corona), dass eine starke Begegnung auch über diese Entfernung möglich ist und auch so eine innige Verbindung entstehen kann.
Voraussetzung für ein gelingendes Coaching
Soll ein Coaching erfolgreich sein, ist es wichtig sich vorab in einem Kennenlerngespräch miteinander vertraut zu machen. Neben fachlicher Kompetenz und guter Qualifikation ist es für das notwendige Vertrauen von entscheidender Bedeutung, dass beide einen Zugang zueinander finden. Stimmt das Bauchgefühl nicht (unabhängig von welcher Seite), hat die Zusammenarbeit keinen Zweck. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, dass sich Coach und Coachee in diesen Prozess begeben können. Die Coachees muss bereit sein, sich zu öffnen und den Willen zur Veränderung mitbringen, ebenso wie die Bereitschaft, die Verantwortung für das eigene Handeln und das eigene Leben zu übernehmen. Damit das möglich ist und sie mit vollem Herzen dabei sein kann, muss sie der Coachin vertrauen.
Ablauf eines Coaching-Gesprächs
Klar, jedes Gespräch ist anders, je nach Situation, je nach Anliegen usw.. Aber grob kann man eine Session in folgende Abschnitte aufteilen:
- Aufwärmphase
- Klärung des Ist-Zustands, eindeutiges Benennen des Problems
- Zielbestimmung – Wo will ich hin?
- Ressourcen klären
- Weg mit Zwischenzielen bestimmen
In den folgenden Sitzungen wird immer auch die Evaluation ein Teil des Gesprächs ausmachen. Das heißt: Wie gut ist bisher die Umsetzung des Vorhabens erfolgt? Falls es nicht geklappt hat, woran hat’s gelegen? Muss nachgebessert werden? Ist das Ziel falsch? Ist der Weg nicht richtig?
Ganzheitliches Coaching
Mit einem Ganzheitlichen Coaching ist gemeint, dass es den Menschen als Ganzes, mit Körper (unsere Gesundheit, Fitness), Geist (unsere Gedanken) und Seele (unsere Gefühle) betrachtet. Wir denken etwas, fühlen aber etwas ganz anderes und auch unser Körper gibt uns Signale. Das wird alles beim Ganzheitlichen Coaching mit einbezogen und überprüft, ob der Kopf tatsächlich recht hat, mit dem, was er denkt. Das Ziel ist es, eine Ausgewogenheit zwischen diesen drei Bereichen herzustellen.
Ebenso umfasst das Ganzheitliche Coaching alle Lebensbereiche. Kommt eine Klientin zu mir, die über Probleme im beruflichen Kontext klagt, so ist es wichtig, alle übrigen Lebensbereiche ebenso zu beleuchten, die da wären: Familiäre Situation, Beziehung, Finanzen, Gesundheit, Freizeit. So kann es nämlich durchaus sein, dass das eigentliche Problem in einem ganz anderen Bereich liegt. Haben wir zum Beispiel ein gesundheitliches Problem (Schlafstörungen), so wirkt sich das auch auf die übrigen Bereiche aus. Das kann schon die Ursache für Schwierigkeiten im Beruf sein. Es kann sich natürlich auch genauso gut umgekehrt verhalten. Genauso verhält es sich mit Beziehungsschwierigkeiten, die mich zum Beispiel reizbar machen,, was wiederum zu Kommunikationsstörungen mit meinen Arbeitskolleg*innen führen kann.
Systemisches Coaching
Hier sei nur kurz erklärt, was man unter einem Systemischen Coaching versteht. Wir alle leben in verschiedenen Systemen: Beziehung, Freundschaft, Familie, Arbeitsumfeld, eventuell Religionsgemeinschaft, Vereine, Politik, Gesellschaft. Der Systemische Ansatz geht davon aus: Verändert sich ein Teil des Systems, dann hat das Auswirkungen auf das Ganze. Wir können niemand anderen verändern (auch wenn wir uns das noch so sehr wünschen). Wie oft begegnen mir Menschen, die schon lange darauf warten, dass sich ihr Partner/ihre Partnerin ändert! Wenn sie/er sich so verhalten würde, ja dann….
Darauf können wir lange warten, denn es entzieht sich vollkommen unserem Einfluss. Den einzigen Ansatzpunkt zur Veränderung bieten wir selbst. Nur ich kann meinen Standpunkt ändern oder aber den Umgang mit den Verhaltensweisen des anderen oder mir Alternativen ermöglichen. Verändern wir aber unser eigenes Verhalten, so hat das immer Auswirkung auf unser Gegenüber.
Entsprechend verhält es sich natürlich auch umgekehrt: Ändert sich etwas in unserem System (z.B. reagiert meine Chefin plötzlich anders), dann wird sich wahrscheinlich auch die Reaktion und das Verhalten der Mitarbeiter ändern.
Woran erkenne ich einen guten Coach?
Da sich jede(r) Coach/Coachin nennen darf, ist es nicht immer leicht, bei der Auswahl deines Coaches die richtige Wahl zu treffen. Das kannst du aber im Erstgespräch herausfinden. Achte dabei darauf, wie sich deine Coachin verhält.
- Stellt sie dir Fragen oder erzählt sie dir, was du ihrer Meinung nach tun solltest?
- Ist sie ganz bei dir oder hat sie selbst einen hohen Redeanteil?
- Hört sie dir gut zu?
- Wiederholt sie in ihren Worten, was du gesagt hast? Damit könnt ihr abgleichen, ob ihr „eine gemeinsame Sprache“ sprecht.
- Ist sie schnell dabei, deine Worte zu interpretieren? Falls ja, liegt sie damit richtig oder falsch?
- Hast du nach dem Gespräch eine größere Klarheit? Alles andere spricht gegen diese Wahl.
In einem früheren Blogartikel habe ich mich schon mal mit den Merkmalen eines guten Coachings auseinandergesetzt. Interessant für dich? Dann lies doch mal hier.
Solltest du noch Fragen haben oder hast du Anmerkungen zu meinen Ausführungen, dann schreibe es mir gern in die Kommentare. Bist du an einem Erstgespräch mit mir interessiert, so kannst du hier einen Termin mit mir buchen:
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Liebe Heidrun, vielen Dank für den ausführlichen und informativen Blogartikel. Er zeigt alle wichtigen Bestandteile eines Coachings auf. Ich find das man individuell auf die aktuelle Situation eingehen sollte und keine vorgefertigten Strategien benutzt.
Viel Freude und Erfolg bei deinem Tun und Wirken.
Herzliche Grüße von Anita