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Was bin ich ohne meine Dinge?

  • Beitrags-Kategorie:Glückswege
  • Lesedauer:10 min Lesezeit

Meine spontane Antwort ist: Frei und ungebunden!

Bis vor kurzem noch unvorstellbar für mich. Doch jetzt möchte ich in ein Wohnprojekt ziehen, in dem mir wesentlich weniger eigener Platz zur Verfügung steht als zur Zeit (da wohne ich nämlich in einem Haus!). Wenn ich alle meine Dinge täglich sehe, packt mich der Graus. Wohin nur damit? Ich kann mich doch so schwer trennen….

So trifft mich die Frage „Was bin ich ohne meine Dinge?“, die Uli Pauer, Aufräumcoach aus Wien, in ihrer Blogparade stellt, genau an meiner empfindlichen Stelle. Dabei geht es für mich gar nicht so sehr, um die Frage, was ich ohne meine ganzen Besitztümer bin, sondern eher: „Wie werde ich sie los?“ Ich kann doch so schlecht wegwerfen!

Nichts wegwerfen, was man noch gebrauchen kann

Bloß nichts wegwerfen, was man noch gebrauchen kann! Diesen Spruch meiner Mutter habe ich verinnerlicht. Sie war da sicher kriegsgeschädigt und hat den Dingen einen ganz anderen Wert beigemessen. Von ihr habe ich gelernt, dass man viele Dinge mehrmals gebrauchen kann: Schleifen, Geschenkpapier, Verpackungen. Leere Blätter in alten Heften wurden rausgetrennt und für Notizen verwahrt, zerbrochene Blei- oder Buntstifte noch mal angespitzt. Plastiktüten wurden gesammelt, selbst kleine Stoffreste aufgehoben, benutztes Wegwerfgeschirr aus Plastik gespült und aufbewahrt.

Alles gut und schön und im Sinne der heute so gepriesenen Nachhaltigkeit ein sehr lobenswerter Umgang mit Ressourcen. Aber der Zettelstapel wurde mit den Jahren riesengroß und eine Schublade allein konnte ihn schon nicht mehr beherbergen. Obwohl es nun schon lange keine Plastiktüten mehr gibt, bei mir lagern noch immer welche in der Kiste unter dem Küchenschrank und das Plastikgeschirr von dem großen Fest von vor 15 Jahren wartet bis heute im Schuppen auf den nächsten Einsatz.

In meiner Zeit als Kunstlehrerin habe ich vieles, was normalerweise sofort den Weg in den Müll findet, verwahrt. Jede*r Mitarbeiter*in im Schuldienst weiß, dass Material immer knapp ist und häufig gerade dann nicht zur Verfügung steht, wenn man es benötigt. Also hob ich auch noch leere Klo- und Haushaltsrollen auf, Pappreste aller Art, alte Wandkalender mit schönen Fotografien usw….Damit potenzierte sich die Menge der gesammelten Dinge.

Welche Dinge haben einen Wert?

Geige im Geigenkoffer
Meine alte geerbte Geige

Es ist leicht, sich von den oben aufgezählten Sachen zu trennen, da sie für mich keinen Wert darstellen. Auch wenn mir immer wieder der Gedanke durch den Kopf zuckt: Das kann doch bestimmt noch jemand gebrauchen….
Doch wie steht’s mit den Gegenständen, die Erinnerungswert haben oder auch von materiellem Wert sind? Da wird es schon schwieriger. Wobei ich Besitz von materiellem Wert weiterverkaufen kann. Das ist zwar lästig und zeitintensiv, aber über Ebay oder Momox bin ich schon einiges losgeworden.

Aber da ist zum Beispiel meine alte Geige, die mal meinem Onkel gehört hat, der mit 14 Jahren im Krieg tödlich von einem Bombensplitter getroffen wurde. Seit meiner Jugend spiele ich nicht mehr, so dass sie nur rumsteht. Aber sie weggeben?
Dann der Nähkasten meiner verstorbenen Mutter, mit dem ich als Kind stundenlang gespielt habe, da es so viele Schätze dort zu entdecken und zu sortieren gab.

Alter Nähkasten auf Rollen
Der alte Nähkasten meiner Mutter

Brauche ich die ganzen Dinge um mich zu erinnern?

Meine Kinder sind schon lange lange erwachsen und noch immer habe ich alte Kinderzeichnungen von ihnen, Schulhefte, Spielzeug etc.. Sogar aus meiner eigenen Kindheit befinden sich noch Bücher, Spiele und Puppen im Haus. Darunter auch mein allererster Teddy, arg ramponiert, aber was habe ich ihn geliebt!

Eine ganze Kiste voll mit alten Briefen, noch eine mit alten Tagebüchern, dann noch Ansichtskarten, Prospekte, Andenken aus Urlauben, besondere Einladungskarten, alte Kalender – mit 63 Jahren kommt eine ganze Menge zusammen. Jetzt, wo ich dies schreibe, sage ich mir – endlich wegwerfen. Aber kennst du das auch? Dann nehme ich mir die Kiste vor und versinke bei jedem Teil, das ich in die Hand nehme, in Erinnerungen und sofort fällt mir die Trennung wieder schwer.

So viel Arbeit für nüscht?

Im letzten Sommer habe ich meine Anstellung als Lehrerin gekündigt und infolge dessen Ordner über Ordner mit Unterrichtsvorbereitungen und gesammeltem Material weggeworfen. Soooo viel Arbeit steckte darin, dass es mir schon ein wenig leid tat. Einiges habe ich in die Schule getragen, um es Kolleg*innen zur Verfügung zu stellen. Anderes erstmal auf die Seite gelegt, um es dann einige Monate später dann doch in die Tonne zu befördern. Zuerst dachte ich, das können doch meine Enkel noch für ihre Schulvorbereitung benutzen (die älteren sind schon 9 und 12 Jahre alt). Doch davon kann sicher jeder ein Lied singen: Im entscheidenden Moment denkt man nicht mehr dran oder findet die Sachen nicht.

In meinen Regalen finden sich ebenfalls Artikel, die in meiner früheren Tätigkeit als Produktmanager bei einer Softwarefirma von mir erschienen sind, Examensarbeiten, Lehrproben aus meiner Referendarzeit. Ich war so stolz, wenn ich eine Arbeit vollendet hatte und das Ergebnis meines Schweißes vor mir hatte. Und jetzt wegwerfen? Ja, ich tu’s, auch wenn es mich ein wenig schmerzt, aber anschauen tue ich es eh nie mehr….

Ich bin nicht meine Dinge

Wenn ich manches so ansehe, was ich seit Jahrzehnten mit mir rumschleppe, frage ich mich, ob ich mich über meine Dinge definiere? Brauche ich sie, um mir etwas zu beweisen? Habe ich Angst mich nicht mehr zu erinnern, wenn es diese Dinge nicht mehr gäbe? Haben diese Sachen heute noch denselben Wert, den sie früher mal besaßen? Nein, ist meine Antwort. Es gibt sogar Besitztümer, die ungute Gefühle in mir auslösen – trotzdem habe ich sie behalten, damit ich mich auch DARAN erinnere. Damit ist jetzt Schluss. Ich werde jedes Teil prüfen und mich dann – hoffentlich schnell – von allem trennen, das heute keine Bedeutung mehr hat.

Besitze ich die Dinge oder besitzen meine Dinge mich? Viel Besitz ist wie Ballast an den Schuhen. So wie ich es jetzt ganz deutlich spüre: Einfach in eine kleine Wohnung umziehen ist nicht. Da muss ich mich zuerst verschlanken.

Fotos und Bücher, lange unantastbar

Bücherregal
Mein Bücherregal – noch immer viel zu voll

Bücher – wie viele ich doch mittlerweile aussortiert und an die Bibliothek gestiftet oder in Bücherschränke gestellt habe. Lange Zeit war das unvorstellbar für mich, Doch mittlerweile nehmen sie mir einfach zu viel Platz weg. Zweimal lese ich eh kaum ein Buch, also wozu aufheben? Damit ich anderen etwas beweisen kann? Damit ich demonstrieren kann, dass ich lese und was es ist? Noch immer besitze ich sehr viele Bücher, dabei leihe ich mir ein Leben lang schon regelmäßig welche aus der Bibliothek aus.
Mein Ziel: Aus drei Regalen maximal 1 machen. Oh je, oh je, ob ich das schaffe?

Fotos, das nächste Thema! Es war für mich viele Jahre lang der größte vorstellbare Verlust ,ohne meine Fotos zu sein (die aus meiner eigenen Kindheit und Jugend und auch die meiner Kinder). Es kam mir immer vor, als würde ich meine Vergangenheit, meine persönliche Geschichte verlieren. Auch hier wieder: Selbst doofe Fotos habe ich aufgehoben.

Ich bin überrascht nun festzustellen, dass sich auch meine Beziehung zu den Fotos geändert hat. Aber das Aussortieren und Aufräumen nimmt so viel Zeit in Anspruch. Woher soll ich die nehmen? Und ich kann mich so schwer entscheiden…. Da ist es mitunter einfacher alles immer weiter mitzuschleppen…. Stopp! Die Zeit muss sein!

Ohne meine Dinge bin ich frei

Als ich 2019 den Jakobsweg gegangen bin, war ich zum ersten Mal äußerst minimalistisch unterwegs und habe festgestellt, wie toll das ist! Mir wurde sehr bewusst, wie wenig es braucht zum Glück. Seitdem träume ich immer mal wieder davon, mir einen Van anzuschaffen und nur noch das zu besitzen, was da reinpasst. Dann könnte ich einfach losfahren und die Welt erkunden.
Manche Leute mieten sich Container an, um ihre Habseligkeiten dort zwischenzulagern. Doch häufig berichten sie, dass sie in vielen Jahren nichts vermisst haben. Dann kann man sich das Geld auch gleich sparen.
So werde ich also einen Plan machen müssen, wie ich mich sukzessive von vielen meiner Dinge trennen kann.

Über mich

Ich bin Heidrun und war einmal Lehrerin an einer Gesamtschule für Biologie und Kunst. Nun beschreite ich eigene Wege und setze um, wovon ich lange Jahre nicht zu träumen wagte. So unterstütze ich als Lifecoach Frauen ab 50 auf ihrem Weg, um auch in fortgeschrittenem Alter noch einmal richtig durchzustarten. Es ist so ähnlich wie mit den Dingen: Prüfe jeden Aspekt deines Lebens und frage dich, ob du so lebst, wie es deinen eigenen Werten entspricht. Falls nein, werde aktiv, entrümple dein Leben, krame um und gestalte es nach deinen Träumen. Gern unterstütze ich dich dabei. In einem kostenfreien Gespräch kannst du dir Klarheit darüber verschaffen, ob du etwas verändern möchtest und ob ich dich auf deinem Weg begleiten kann.

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