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Ein Wald voller Sterne

Abschied

  • Beitrags-Kategorie:Persönliches
  • Lesedauer:6 min Lesezeit

Letzte Woche Dienstag habe ich eine geliebte Freundin, ich nenne sie hier Astrid verloren. Seit über 30 Jahren waren wir miteinander verbunden und haben vieles im Leben geteilt. Es ist so unwirklich, dass Astrid nicht mehr hier ist, unfassbar.

Unsere gemeinsame Zeit

Über den Chor haben wir uns kennen gelernt, in dem wir bis zuletzt zusammen gesungen haben. Dazu sei gesagt: Dieser Chor ist etwas ganz Besonderes. Wir sind nur 25 Sängerinnen und Sänger und sind uns teilweise freundschaftlich eng verbunden. Die meisten von uns sind schon viele Jahre Teil dieser Gemeinschaft. Zweimal im Jahr fahren wir zusammen ein ganzes Wochenende weg und verleben intensive Tage miteinander. Feste feiern wir gemeinsam, freuen uns über gelungene Konzerte und genießen vor allem das gemeinsame Musizieren. Manche Harmonien gehen wirklich direkt ins Herz.

Sabine hatte eine ganz besondere Sopranstimme

Darüber hinaus ist aus diesem Chor 2013? – das genaue Datum weiß ich gar nicht mehr – eine Frauen-Doppelkopfrunde hervorgegangen, zu der auch Astrid gehörte. Regelmäßig, mindestens einmal pro Monat zocken wir seitdem zusammen und frönen unserer gemeinsamen Leidenschaft. Im Laufe der Jahre hat sich das weiter ausgeweitet. Nun treffen wir uns bereits früher und die Gastgeberin serviert jeweils ein leckeres Essen, bei dem wir noch in aller Ruhe klönen können.
Mitte Februar war Astrid noch dabei. Was hatten wir Spaß miteinander. Ganz unabhängig vom Spielerfolg haben wir jeden guten Stich genossen, uns auch über kleine Siege gefreut, viel zusammen gelacht. Aber wir haben auch unsere Sorgen geteilt, uns gegenseitig gestärkt und unterstützt.

Astrid kannte ich schon, bevor ihr zweites Kind geboren war. Unsere Kinder sind schon länger alle erwachsen. Gemeinsam sind wir älter geworden und haben diese unterschiedlichen Lebensphasen miteinander geteilt.

Die Krankheit

Vor ungefähr 10 Jahren erkrankte Astrid das erste Mal an Krebs. Wie haben wir uns gefreut, als die Therapie anschlug. Sieben Jahre lang wurde die Angst vorm Auftauchen neuer Tumoren bei der jährlichen Untersuchung geringer, er schien endgültig besiegt! Und dann 2020 war er doch wieder da, was für ein Schock.

Astrid hat soviel unternommen, diese tückische Krankheit auch dieses Mal zu überwinden. So lange hat sie sich nicht unterkriegen lassen und vieles weitergemacht, wie bisher – soweit Corona das zuließ. Ich habe sie so bewundert. Sie hat es uns sehr leicht gemacht. Weiterhin konnten wir über alles reden und gemeinsam lachen. Alle haben wir mit ihr gemeinsam gehofft, auch als wir sahen, dass Astrids Kräfte schwanden. Wir haben uns so gewünscht, dass sie bei uns bleibt.

Und nun ist es doch passiert. Auf einmal ging alles ganz schnell, was auch irgendwie tröstlich ist. Niemand möchte ganz langsam dahin siechen. Und doch ist es ein Schock.

Die Trauer

Und auf einmal ist da Fassungslosigkeit, Entsetzen, Trauer, Schmerz. Schön ist es dann, wenn man Menschen hat, mit denen man diesen Schmerz teilen kann, am besten Menschen aus dem gemeinsamen Umfeld.

Es gab auch Reaktionen aus meinem eigenen Kreis, folgender Art: Ja, so ist das Leben! Der Tod gehört dazu, aber das Leben geht weiter! Kennst du vielleicht auch. Ja – stimmt auch. Dennoch entsteht ein Moment des Innehaltens – die Welt steht eine Zeit lang still. Und das ist auch gut so! Die Trauer wird nicht weniger, wenn man sie zur Seite schiebt, ganz im Gegenteil. Sie muss gelebt werden, der Schmerz ist da, darf da sein, muss da sein. Anders kann er nicht verarbeitet werden.

Einen geliebten Menschen loszulassen, ist vielleicht die schwierigste Aufgabe überhaupt. Aber ab einem bestimmten Moment, gerade, wenn die betreffende Person selbst loslässt und den nahenden Tod akzeptiert, ist es notwendig, die Situation anzunehmen und den geliebten Menschen voller Liebe und Dankbarkeit zu begleiten, um ihm so einen leichten Übergang zu ermöglichen. Es tröstet mich sehr, zu wissen, dass das bei Astrid so war. Ihr Mann und ihre Kinder waren bei ihr und sie konnten voneinander Abschied nehmen.

Abschied für immer?

Waldsauerklee blüht gerade so schön im Wald

Ich glaube fest daran, dass die Seelen nicht sterben, sondern in irgendeiner Form weiter bestehen. Astrid hat nun einen Platz in meinem Herzen. Voll Freude werde ich mich immer an sie erinnern und sie spüren, auch wenn ich ihre körperliche Anwesenheit schmerzlich vermisse.
Wenn wir demnächst wieder Doppelkopf spielen, werden wir weinen. Aber wir werden auch wieder Spaß haben – nicht anders hätte es Astrid gewollt.

Eins wird durch so einen Abschied aber ganz deutlich: Wie wichtig es ist, jeden Augenblick im Leben zu genießen und voller Dankbarkeit zu sein für all die wundervollen Menschen an unserer Seite und all das, was wir jeden Tag erleben dürfen.

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Sue

    Liebe Heidrun, ein wunderschöner Blogartikel. Sehr berührende Worte über deinen Abschied und interessante Erkenntnisse über den „Tannenzapfen“. Sehr interessant und lehrreich! Ich wünsche Dir viel Erfolg bei der Suche nach dem richtigen Zuhause! ❤️🦄❤️ Liebe Grüße Sue

    1. Heideline

      Liebe Sue, vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich, dass dir mein Blogartikel gefällt.
      Für alle, die sich über diesen Kommentar wundern, sei erklärend gesagt, dass er sich auf zwei Blogartikel bezieht: ABSCHIED und MEIN APRIL 2022. WordPress setzt denselben Kommentar unter beide Artikel. Da fehlt mir noch der Durchblick….
      Liebe Grüße Heidrun

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