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Nicht auf jeder Hochzeit tanzen – wenn Freizeit stresst

Es gibt Tage, da stehen in meinem Kalender jede Menge Termine und ich fühle mich allein dadurch schon im Voraus gestresst. Das ist auch dann so, wenn die meisten Vorhaben nicht beruflich begründet sind, sondern in den privaten Bereich.
Dazu muss ich erklären, dass ich kulturell sehr interessiert bin und alles aufsauge, was in meinem Umfeld angeboten wird: Tanz, Kino, Konzerte, Theater, Ausstellungen uvm.. Hatte ich das in den Zeiten, als meine Kinder klein waren, notgedrungen vernachlässigt, fühlte ich regelrecht Nachholbedarf, als sie flügge wurden und ich plötzlich wieder mehr Zeit zur Verfügung hatte. So begann ich – gefühlt – auf jeder Hochzeit zu tanzen. Ja, es war toll, überall mitreden zu können und kulturell voll im Bilde zu sein.
Doch – wo war auf einmal die Zeit für mich? Plötzlich hatte ich nicht nur beruflichen sondern auch Freizeitstress. Kennst du das auch?

Mein Leitspruch: Hinterher bist du froh!

In Zeiten, in denen ich stark beruflich eingespannt war, sollte das Freizeitprogramm entspannend wirken und für Ausgleich sorgen. Aber den vollen Terminkalender empfand ich zunehmend als Druck. War ich einmal unterwegs legte sich dieser Druck und hinterher war ich in der Regel froh und beglückt, weil die Veranstaltung so schön war. Mein Leitspruch damals, um meinen anfänglichen Widerwillen zu besiegen: Hinterher freust du dich!
Ja stimmt! Und dennoch fehlte mir die Zeit, in der mal gar nichts war. Neben meinem anstrengenden Job als Lehrerin, in dem ich schon mit vielen Eindrücken überhäuft wurde, machte ich damit in meiner Freizeit weiter und kam nie wirklich zur Ruhe.

Corona bedingte Zwangspause

Erst in der Corona-Zeit, als das gesamte kulturelle Angebot plötzlich wegfiel, realisierte ich, wie sehr mich mein Freizeitprogramm auch stresste. Die langen Monate während der Pandemie, in denen nichts mehr ging, sorgten dafür, dass ich mich mehr und mehr nach innen wendete. Ohne Ablenkung von außen meditierte ich, schrieb wieder Tagebuch, malte, machte Handarbeiten, war viel draußen in der Natur unterwegs und begann wieder viel zu lesen. Da ich zusätzlich gerade ein Sabbatjahr hatte (das ich eigentlich ganz anders geplant hatte), kam da wirklich eine Menge Zeit zusammen. Trotzdem war mir nie langweilig. Ich empfand es als erleichternd, gar nicht mehr über eine Ablenkung nachdenken zu müssen, da ja einfach nichts mehr im Angebot war. Zunehmend wurde ich ausgeglichener und ruhiger.

Ablenkung oder Unterstützung?

Während Corona fand ich mehr und mehr zu mir selbst und stellte fest, dass viele dieser Events Ablenkungen darstellen, die das Aufkommen von Leere und Stillstand verhindern. Damit ist aber häufig auch verknüpft, dass die momentane Lebenssituation unreflektiert bleibt, Probleme in der Beziehung unter Umständen übertüncht werden, Unzufriedenheit im Job abgeschüttelt wird anstelle einer Auseinandersetzung, die eine Veränderung anstoßen kann.
Kulturevents sind immer dann eine Bereicherung für mich, wenn sie etwas in mir zum Klingen bringen:

  • Filme, Theaterstücke, die mein inneres Thema berühren und dadurch mitunter zu mehr Klarheit beitragen.
  • Tanzen (das habe ich tatsächlich am meisten vermisst), das mich alles um mich rum vergessen lässt und mich eins werden lässt mit der Musik.
  • Tanzvorführungen, die Emotionen auf so einzigartige Weise visualisieren.
  • Klassische Konzerte, die mein Herz berühren und meine Gefühle anregen.
  • Herzhaftes Lachen in geselliger Runde.

In den Monaten des Logdowns wurde mir allerdings bewusst, wie wichtig es für mich ist, trotz dieser guten Aspekte genügend Zeit für Muße zu haben. Zeit, die ich weder mit anderen noch mit Berieselung von außen verbringe, sondern Zeit für mich, meine Gedanken und Gefühle, Zeit für Reflektion und meine Ausrichtung auf das, was ich mir vom Leben wünsche.

Nebenschauplätze – was sonst noch eine Rolle spielt

Nur ganz langsam habe ich mich dem Angebot mit Ende der künstlerischen Quarantänezeit wieder geöffnet. Bei jedem Event habe ich genau überlegt, ob es mir wirklich gut tut in meiner gegenwärtigen Situation.

Mir wurden all die Gründe bewusst, die mich mitunter antrieben und die primär nicht darin lagen, dass mich dieses spezielle Angebot so stark interessiert hätte:

  • Dem Hype hinterherrennen (mitreden können, auf dem Laufenden sein).
  • Angst, etwas zu verpassen.
  • Freunde treffen, nicht allein sein (das Event interessiert mich nicht, aber ich möchte Gesellschaft haben).
  • Anderen einen Gefallen tun (ich gehe nur mit, weil Freund*innen es sich wünschen).
  • Kostenlose Angebote nutzen (diese Gelegenheit MUSS ich doch mitnehmen).
  • Mitleid mit den Akteuren (Bei strömendem Regen zu einem OpenAir-Konzert gehen oder eine wenig besuchte Aufführung wahrnehmen).

Es ist sehr hilfreich, diese Gründe für sich selbst zu formulieren, denn dann fällt das Aussortieren leichter. Es ist durchaus legitim, auch diesen Gründen zu folgen. Doch bei einem Zuviel kann ich meine Entscheidung klarer fällen, wenn ich mir dieser Gründe bewusst bin. Auch kann ich mancher Enttäuschung vorbeugen. Möchte ich zum Beispiel im Grunde hauptsächlich Freunde treffen, bin ich traurig, wenn ich dann doch allein da stehe.

Glaubenssätze aufspüren

Ist es sinnvoll zu einer Veranstaltung zu gehen, die mich eigentlich nicht lockt, nur um im Trend zu sein und auf der Welle mitschwimmen zu können? Was triggert mich da? Folge ich in dem Moment nicht fremden Werten und versuche anderen Ansprüchen gerecht zu werden?

Was kommen dir für Sätze in den Sinn, wenn du dein Freizeit-Konsumverhalten überdenkst? Allein anhand der obigen Bespiele fallen mir sofort verschiedene Glaubenssätze ein, die diesen Motiven zugrunde liegen können.

  • Ich muss die Kultur fördern (ein guter Grund, jedoch nicht, wenn ich mich überlaste).
  • Wenn ich nicht mitreden kann, gehöre ich nicht dazu.
  • Bin ich nicht dabei, verliere ich den Anschluss an die Gruppe.
  • Wer was auf sich hält, geht ins Konzert/Theater…
  • Die Show findet ohne mich statt – Alle haben Spaß, nur ich nicht? (-> ich gehöre nicht dazu).
  • Ich darf nichts verpassen.
  • Der Besuch kultureller Veranstaltungen macht mich zu einem interessanten Menschen.
  • Nur die/der ist gebildet, die/der Kultur in Anspruch nimmt.
  • Ich bin nur wichtig, wenn ich überall dabei bin.

Wenn du mehr zu Glaubenssätzen wissen möchtest, erfährst du hier mehr darüber.
Findest du dich in den obigen Aussagen wieder? Es gibt sicher noch mehr. Falls dir noch welche einfallen, freue ich mich über deine Nachricht in den Kommentaren!

Wenn du dich ertappt fühlst: Frage dich, stimmt das wirklich? Ist das wirklich wahr?
Macht mich das glücklich? Handle ich dabei nach meinen Werten oder laufe ich Werten anderer hinterher? Was brauche ich jetzt vielleicht stattdessen?

Vielen Glaubenssätzen liegt ein Mangeldenken/Mangelempfinden zugrunde, Es stammt in der Regel aus ganz anderen Kontexten, meistens aus der frühen Kindheit. Sie entspringen dem, was wir gelernt haben, durch unsere Familie, unser Umfeld, unsere Gesellschaft. Auf jeder Hochzeit zu tanzen, entspricht genauso übermäßigem Konsum, wie es in anderen Bereichen der Kaufrausch ist, die Esssucht, der Fitnesswahn. Ein Zuviel ist immer ein Warnsignal.

Die individuelle Grenze finden

Du kannst es nur für dich allein herausfinden, was DEIN richtiges Maß ist. Für mich war es eine Entdeckung, zu erleben, dass ein NEIN zu den Angeboten mitunter ein JA zu mir selbst ist. Dass es kein „Verpassen“ ist, sondern ein Zuwenden zu mir. Dass ein NEIN keinen Mangel erzeugt, sondern Fülle. Es gibt mir Ruhe, entschleunigt mein Leben, lässt meinem Kopf und meinem Herzen noch Raum und überhäuft mich nicht mit einer Vielzahl an Eindrücken, die es dann erstmal wieder zu verarbeiten gilt.

Was von außen betrachtet möglicherweise nach einem erfüllten Leben aussieht, kann mich genau daran hindern. Für mich ist nicht mehr wichtig, was andere über mich denken, sondern, wie ich mich fühle. Spüre ich Stress, ziehe ich mittlerweile die Notbremse. Ganz genau spüre ich in mich hinein: Wie fühlt es sich an, wenn ich mich in meiner Vorstellung auf diese Veranstaltung beame? Vor meinem inneren Auge lass ich ablaufen, wie es sein wird, erlebe es dabei in diesem Moment. Welche Menschen werde ich treffen, was für Eindrücke werde ich haben, wie fühle ich mich? Habe ich Erwartungen, die unter Umständen gar nicht eintreffen? Gehe ich aus Interesse dahin oder steckt ein anderes Motiv dahinter?

Glitzer oder Stress?

Der große Erkenntnisgewinn liegt darin, dass immer ich selbst entscheide, wie mein Leben verläuft. Nicht automatisch bringen Events Glitzer in mein Leben. Jetzt brauche ich keine Pandemie mehr, um selbst zu entscheiden, welches Angebot ich annehme und welches nicht. Jetzt gönne ich mir häufig Ruhe, vielleicht bei einem entspannenden Bad, einem Saunabesuch oder einer Wanderung. Ich bin die Gestalterin meines Lebens. Was andere für sich als gut definieren, muss für mich nicht gelten.

Meine Unterstützung

Hat dich dieser Artikel angesprochen und möchtest mehr über deine Glaubenssätze herausfinden? Bist du auf der Suche danach, was dir guttut? Möchtest du DEINE Werte herausfinden?
Dann kann ich dich unterstützen. Schreibe mir eine Mail unter info@heidrun-bruening.de und vereinbare ein kostenfreies Klarheitsgespräch mit mir. Gemeinsam finden wir heraus, was deine Schritte zu einem erfüllten Leben sind und was du brauchst, um dich zu spüren und dein Leben zu genießen.
Mehr über mich erfährst du hier. Lies gern auch folgende Artikel dazu:

Nach meinen Werten leben – Heidrun Brüning – Lifecoach (heidrun-bruening.de)

Waldbaden – so findest du deine Mitte – Heidrun Brüning – Lifecoach (heidrun-bruening.de)

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