Alle Welt spricht von Waldbaden, doch was hat es damit eigentlich auf sich? Kann das jeder? Auch allein? Oder geht es nur mit Anleitung in einer Gruppe? Was ist denn nun das Besondere an Waldbaden und muss es denn unbedingt Wald sein?
Das sind die Fragen, auf die ich in diesem Artikel eingehe. Außerdem erhältst du noch ein paar Anleitungen zu geeigneten Atemübungen.
Waldbaden, was ist das eigentlich?
Als der Begriff aufkam, wusste ich erstmal nicht so recht, etwas damit anzufangen – Baden in einem Waldsee, vielleicht? Mittlerweile ist diese Methode in aller Munde.
Der Ursprung des Waldbadens liegt in Japan und wird dort „Shinrin Yoku“ genannt. Bereits 1982 wurde diese Bezeichnung dort im Rahmen einer Marketingkampagne der Land- und Forstwirtschaft geprägt, um die Menschen vermehrt in den Wald zu locken. Beim erholsamen Spazieren durch den Wald soll man intensiv in der speziellen Atmosphäre des Waldes baden. Unzählige Studien belegen, dass damit eine starke Reduktion von Stresssymptomen einhergeht, so dass das Waldbaden mittlerweile einen festen Bestandteil der Gesundheitsvorsorge sowohl in Japan als auch in Südkorea darstellt.
Ganz nebenbei führt das Waldbaden zu einer höheren Sensibilisierung für die Schönheit der Natur und trägt so dazu bei, dass die Menschen sich stärker für deren Schutz engagieren.
Was unterscheidet Waldbaden von einem normalen Spaziergang?
Üblicherweise gehen wir nicht allein in den Wald. Wir treffen uns mit Freunden, nehmen unseren Partner, unsere Kinder oder gleich die ganze Familie mit. Ist dir das auch schon aufgefallen, dass du dann die Natur um dich rum gar nicht so richtig wahrnimmst? Meistens ist man angeregt in Gespräche vertieft, was ja auch seinen Reiz hat und an dieser Stelle nicht abgewertet werden soll. Dabei ist man zwar draußen, mit seinen Gedanken jedoch ganz woanders. Nur selten bleibt man stehen, unterbricht die Unterhaltung und richtet sein volles Augenmerk auf die Landschaft drumherum. Im Wald denkt man, ist doch eh nichts zu sehen, weil der Weitblick fehlt…
Streift man mit Kindern durch den Wald, dann verhält sich das schon anders: Kinder sind offen für all die Dinge um sich rum und sind mit ihrer Wahrnehmung viel mehr im Hier und Jetzt als wir Erwachsene es für gewöhnlich sind. Kinder kommen jedes Mal mit vielen Fundstücken zurück. Sie richten ihre Augen auf den Boden und entdecken die Schönheit mancher Stöcke, Steine, Blüten usw..
Damit kommen wir dem, was Waldbaden ausmacht, schon sehr nah. Es bedeutet, mit allen Sinnen die Atmosphäre des Waldes in sich aufzunehmen. Beim Waldbaden zählen nicht die zurück gelegten Kilometer und vor allem nicht die Schnelligkeit. Hier gilt Entschleunigung, Achtsamkeit, Wahrnehmen mit allen Sinnen. Je nach Lust und Laune kann man auch Atemübungen und/oder Entspannungsübungen einbauen.
Warum Wald und nicht Wiese?
Verantwortlich für die wohltuende Wirkung des Waldes sind vor allem die sogenannten Terpene. Das sind Duftstoffe, die in ätherischen Ölen enthalten sind, die die Bäume ausscheiden. Das tun sie zur Schädlingsabwehr, wie beispielweise Pilze, Bakterien, Insekten. Atmen wir diese Duftstoffe ein, reduziert sich nachweislich das Stresshormon Cortisol, der Blutdruck wird gesenkt, es breitet sich Ruhe im Körper aus. Dadurch hellt sich auch die Stimmung auf.
Natürlich gibt es diese Stoffe auch in Parks, aber die Konzentration im Wald ist auf Grund des dichteren Baumbestandes sehr viel höher.
Außerdem ist das Waldklima durch den erhöhten Sauerstoffanteil sehr erfrischend. Im Sommer spendet uns der Wald Schatten und bringt Kühlung. Die vielen verschiedenen Grüntöne sind wohltuend für das Auge, das sich von den vielen visuellen Eindrücken, denen wir über Tag ausgesetzt sind, erholen kann. Das gedämpfte Licht entspannt die Augen zusätzlich durch die Abwehr der direkten Sonneneinstrahlung. Das dichte Laub der Bäume bietet Lärmschutz und hält Autolärm und andere Geräusche der Zivilisation ab. Stattdessen hören wir die Vögel zwitschern und die Blätter rauschen.
Was muss ich dafür tun?
Am besten gehst du ganz allein in den Wald, ok, dein Hund darf mit. Schalt dein Handy aus. Meistens wird dazu geraten, das Handy ganz zu Hause zu lassen, um jede Ablenkung zu vermeiden. Ich habe es allerdings immer dabei, weil ich es zum fotografieren nutze. Seit ich das mache, ist meine Aufmerksamkeit geschärft und es führt dazu, dass ich viel mehr im jeweiligen Augenblick bin, auf der Suche nach Veränderungen. Dabei habe ich meistens nicht den Weitblick im Sinn, sondern richte mein Augenmerk auf die Details.
Nimm den Wald mit allen Sinnen auf. Bleib zwischendurch stehen, mach die Augen zu und konzentriere dich auf die Geräusche. Was hörst du?
Beim Gehen schau links und rechts: Was siehst du? Nimm die unterschiedlichen Grün- und Brauntöne wahr. Blüht da etwas am Wegesrand? Haben die Bäume neue Knospen? Findest du etwas auf dem Boden?
Schnupper in den Wald! Was riechst du? Wurde gerade Holz gefällt? Riechst du das Harz? Oder im Herbst die Pilze?
Achte auf die unterschiedliche Beschaffenheit der Baumrinden. Fühl sie an! Rieche auch ruhig mal daran oder lege dein Ohr an einen Baum. Fahre mit der Hand durchs Moos und lass frische Kieferntriebe durch die Finger gleiten.
Gehst du einen bestimmten Weg regelmäßig, dann achte darauf, was sich zum Vortag oder zur Vorwoche verändert hat.
Worauf sollte ich achten?
Mein Tipp an dich: Geh zu verschiedenen Tageszeiten in den Wald. Frühmorgens oder auch am frühen Abend könnten dir noch Rehe begegnen.
Ich selbst liebe die Morgenstunden. Dann ist noch alles so frisch und unberührt. Am Wochenende ist der Wald dann noch still und damit die Erholung größer.
Suche dir für dein Waldbaden eine ruhige Wegstrecke aus, auf der die Wahrscheinlichkeit eher gering ist, dass dir dort viele Menschen begegnen. Dies ist auch von der Tageszeit abhängig. Zählt „dein“ Wald zum Naherholungsgebiet für viele Menschen, dann wähle eine Tageszeit, zu der nicht gerade alle Hundebesitzer ihren Liebling ausführen bzw. Familien mit ihren Kindern unterwegs sind. Vielleicht entdeckst du ja auch einen kleinen Trampelpfad abseits der Hauptwege?
Sei dir immer bewusst, dass der Wald in erster Linie den Waldbewohnern gehört und wir dort nur zu Gast sind. Das bedeutet, dass wir leise sind, keinen Müll hinterlassen und nichts zerstören.
Waldbaden ersetzt für mich so manche Meditation
Im Frühjahr hatte ich große Schwierigkeiten zu meditieren, weil ich unter chronischer Müdigkeit litt. Kaum schloss ich die Augen, schon war ich eingeschlafen. Ein Waldspaziergang ersetzt mittlerweile für mich so manche Meditation.
Beim Meditieren kommt es darauf an, die Gedanken zum Schweigen zu bringen, das Gedankenkarussell zu stoppen. Diese innere Stimme – ich nenne sie Quatschi – , die uns permanent beschallt. Sie führt uns in die Vergangenheit oder in die Zukunft, indem immer und immer wieder Ereignisse innerlich wiederholt werden, die uns nicht gut getan haben und deshalb noch beschäftigen. Oder sie lässt uns an all das denken, was wir noch zu erledigen haben.
Sinn der Meditation ist es, ganz im Hier und Jetzt zu sein. Das kannst du auch im Gehen erreichen, indem du dich voll und ganz auf deine Sinneseindrücke konzentrierst.
Beim Gehen finden mich häufig die Antworten, nach denen ich zuvor lange gesucht habe.
Atemübungen im Wald
Nutze deinen Waldspaziergang für Atemübungen. Atem ist Leben. Durch bewusstes Atmen erhöhst du die Sauerstoffkonzentration im Blut und förderst deine Erholung und Entspannung.
Hilfreich ist es dabei ebenfalls, auf den Atem zu achten. Stimme ihn auf deine Schritte ab, zum Beispiel mit der Übung „4711“:
Atme dabei 4 Sekunden ein und 7 aus. Gehe beim Einatmen zwei Schritte und beim Ausatmen 3. Auf der 8 bleibst du kurz stehen. Das wiederholst du 11 Mal.
Die Atemübung „ Bhramarin -Bienensummen“ passt ebenfalls gut in den Wald. Sie kommt aus dem Yoga. Atme tief durch die Nase ein und summe beim Ausatmen mit geschlossenen Lippen wie eine Biene. Die Vibration in den Resonanzräumen von Nacken, Brust und Kopf sorgt für eine bessere Durchblutung und die Entspannung von Körper und Geist.
Suche dir für die nächste Übung, die aus dem Qigong kommt, einen ruhigen Platz. Die Übung kannst du hier sehen. Dort zeigt dir Romana Maichin-Puck in einem Video den genauen Ablauf.
Wie viel Zeit benötigt man?
Letztendlich gibt es keine Vorgaben. Jeder Aufenthalt im Wald und sei er auch noch so kurz, ist erholsam. Wie bei vielem anderen auch, so gilt auch hier: Qualität vor Quantität. Lieber eine halbe Stunde intensives Waldbaden als 2 Stunden abwesend durch den Wald marschieren. Aber auch das ist eine Frage der momentanen Situation. Mitunter ist es auch sehr hilfreich überschüssige Energie oder Ärger abzubauen, indem man sich flott bewegt oder körperlich auspowert.
Ist man jedoch überreizt und kann sich nicht mehr richtig konzentrieren, dann schafft das Waldbaden wieder Weite im Brustkorb, erfüllt dich mit neuem Sauerstoff und bringt dir Erholung und neue Kraft.
Am besten ist es, wenn du eine tägliche Routine einbauen kannst fürs Waldbaden. Stell dir vor, du hättest einen Hund. Dann müsstest du sowieso jeden Tag nach draußen. Vielleicht kannst du das in deine Mittagspause einbinden oder mit deinem Heimweg von der Arbeit verknüpfen oder du machst einen Ausflug mit deinen Kindern in den Wald.
Probiere es aus und beobachte, wie du dich danach fühlst. Wenn du meinst, dir mangelt es gerade an Freiräumen dafür, stellst du vielleicht fest, dass du sogar Zeit sparst, weil du anschließend viel effektiver deine Arbeiten erledigen kannst.
Der Wald – deine Verbindung zum Universum
Lass dich von der Schönheit der Natur verzaubern und fühle, wie Dankbarkeit in dir aufsteigt. Mir geht das so. Wenn ich mich voll und ganz auf die Natur einlasse, dann werde ich still und spüre mich als einen Teil dieses wunderbaren Universums. Das füllt mich ganz aus, treibt mir die Tränen in die Augen und ich empfinde große Dankbarkeit und Ehrfurcht vor dem Leben und der Schöpfung. Das mag sich pathetisch anhören, aber genauso fühle ich es dann.
Das ist reine Liebe!
Möchtest du mehr über mich erfahren, dann lies doch mal „Wie ich wurde, was ich bin“.
Weitere interssante Dinge zum Wald findest du auch in meinem Monatsrückblick „Mein April 2022“
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